Fan-Historie von Norbert May

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Dies ist der neunte Beitrag von Lesern der S+W-Seiten zum Thema "Wie wurde ich S+W-Fan?". Alle Leser sind herzlich eingeladen, auch ihre persönlichen Erinnerungen per Mail an den Verwalter dieser Seiten einzusenden!


Am besten ich gebe gleich zu, daß meine Begegnungen mit Ulla und Peter (ich bevorzuge die mir vertrauten Namen und verwende bisweilen das Kürzel UuP) quantitativ nicht viel hergeben, da die Tage ihres Erscheinens in der Felix-Reihe bereits gezählt waren, als ich mein Interesse für Comix entdeckte.

Aber mein allererstes Comicheft überhaupt war ein Felix-Heft und es enthielt noch eine Fortsetzungsgeschichte mit den beiden Rackern. Und schon sind wir bei einem tragischen Punkt, weitere werden folgen! Dieses Heft habe ich einem Freund geliehen und der hat's verschlampt. Er leistete zwar Schadenersatz in Form einer Ausgabe von Micky Maus, aber den Inhalt des untergegangenen Exemplars kenne ich nur noch bruchstückhaft aus der Erinnerung. Es enthielt eine Geschichte mit Felix und seinen Neffen Inky und Dinky, die mit einem Wohnwagen unterwegs zu einem Schildkröten-Rennen waren.

Die UuP-Story endete mit dem Bild eines sterbenden Drachens, der mit seinem Schweif einen Zauberstab weit weg schleudert. "Bis wohin? Das steht im nächsten Heft." Ich habe auch das nie erfahren, da ich mein Taschengeld nicht ohne ausdrückliche elterliche Erlaubnis für Comic-Hefte ausgeben durfte. Das Felix-Heft hat mir mein Vater mitgebracht, als ich mit Mumps darnieder lag. Es muß so um 1966 gewesen sein, damals galten diese Bildergeschichten als verdummend und für mich war der Erwerb an gute Noten in der Schule gekoppelt. Mit 7 Jahren habe ich mich noch daran gehalten, aber es hat nicht lange gedauert und ich habe die Hefte heimlich gekauft (mußte ich auch, auf dem Gymnasium waren gute Noten für mich die Ausnahme), da waren Ulla und Peter schon passé. Stattdessen traten die Goldmasken auf den Plan, Wastl, der Professor Barabas und Tante Sidonie waren aber noch vertreten.

Glücklicherweise gab es da noch meine etwas älteren Cousins und meine Cousine von der Ahr. Die hatten zwar mittlerweile pubertätsbedingt aufgehört zu sammeln, ihr aus meiner Sicht unüberschaubarer Fundus an Comic-Heften aller Art war aber noch vorhanden. Abgesehen von der Masse war ich auch fasziniert von den exotisch anmutenden "Antiquitäten", die längst nicht mehr gedruckt wurden oder die mir bekannten Protagonisten in einem ganz anderen Stil darstellten. Dazu gehörten auch UuP, trotz des oben erwähnten Felix-Heftes waren sie mir eigentlich recht fremd und hier agierten sie mit meinem Freund Wastl, der inzwischen in einer eigenen Heftreihe auf Bumsi :-) durch die Luft raste.

Ich weiß nicht mehr ob es der Respekt vor diesem Schatz an Bildergeschichten an sich war oder ob ich einfach zu schüchtern war zu fragen, ob ich nicht einen Stoß mit nach Hause an den Rhein nehmen könnte. Mein Cousin selbst drückte mir mal ein paar Hefte in die Hand, als wir aufbrachen, darunter auch ein Felix-Sammelband aus dem Jahr 1964 mit zwei Episoden vom "Schwarzen Diamant". Die Zeichnungen sind wirklich einzigartig, besonders Ulla ist richtig süß in Szene gesetzt.

An dieser Stelle muß ich erwähnen, daß Comics mich durch die Erzählweise in ihren Bann zogen. Ich erwartete gar nicht, zum Lachen gebracht zu werden, es war mehr eine Art von Spannung, die selbstredend vor heiterem Hintergrund vermittelt werden mußte. Sigurd und seine Pendants konnten mich nicht begeistern, weil sie zu ernst waren. Aber richtig laut losgeprustet habe ich eigentlich selten, und eine dieser Gelegenheiten verdanke ich tatsächlich Ulla im "Schwarzen Diamant", als sie nämlich Tante Sidonie den traurig machenden Edelstein abkauft und noch erschreckt feststellt "Aber dadurch werde ich zum Miesepeter!". Das nächste Bild zeigt sie übellaunig auf einem Sessel (oder so was ähnlichem) sitzend - köstlich! Nicht zu vergessen die traurige Alwina mit letzter Kraft auf dem Weg durchs Moor zum Turm, nicht daß ich da auch gelacht hätte, vielmehr litt ich mit dieser anmutigen Schönheit...

Jetzt beginnt der tragische und wahrhaft zu Herzen gehende Teil meiner Geschichte. Mein eigener Leidensweg ließ auch nicht mehr lange auf sich warten, unsere nächste Fahrt an die schöne Ahr wurde für mich zum Horror-Trip. Auf meine Bitte um unverzügliche Heftchen-Einsicht eröffnete mir meine ansonsten wirklich liebe Tante, daß der gesamte Bestand in den Müll gewandert sei. Natürlich hätte sie mir die Sammlung gerne überlassen, "Sischer datt!", wenn sie nur geahnt hätte... oh Mann! Wenn man als Dreikäsehoch konsterniert sein kann, ich war's. Ich hätte Wochen und Monate gebraucht, um mich durch diesen Berg von teilweise für mich wirklich fremdartigen, aber daher um so faszinierenderen Heften zu lesen. Das ganze mystische Flair, das ich mit diesem Ort verband, war dahin. Mit dem Beginn meiner eigenen Pubertät verblasste der Schrecken und die Trauer um die beispiellose Freveltat allmählich, aber heute spüre ich den Verlust wieder recht schmerzhaft, weil die Erinnerungen noch da sind. Ganz abgesehen von dem kommerziellen Liebhaberwert, auf den es mir aber wirklich nicht ankommt.

Ich erinnere mich an Tante Sidonie (oder war es die liebreizende Alwina?), die im Moor versinkt und mitansieht, wie auch der Turm versinkt oder sonst irgendwie zu verschwinden droht. An Wastl, der einen Bösewicht in blauem Anzug in ein Seil einrollt. Wieder Tante Sidonie, die irgendjemand durchs Fenster beobachtet und, um ihren plötzlichen Niesreiz zu unterdrücken, die ganze Hand unter ihre Nase hält. Ulla sucht ihre Puppe und findet das Dummerchen in der Gosse. Zwei lästerliche alte Fräuleins machen Tante Sidonie gegenüber Andeutungen über eine angebliche Verwahrlosung von Ulla und Peter. Und, wie gesagt, der sterbende Drache.

Bestimmt wißt ihr, um welche Geschichten, neben dem "Schwarzen Diamant", es sich handelt. Bitte nennt mir die Titel, wie sie heute erhältlich sind! Ich danke euch im Voraus.

Noch ein Wort zu den seinerzeit üblichen Vorurteilen der erwachsenen Bevölkerung gegenüber Comics. Mein Klassenlehrer in der Sexta und Quinta des Gymnasiums, noch dazu ein recht jungscher Studienassessor, warnte anläßlich eines von einem Mitschüler mitgebrachten "Bessy"-Heftchens vor den Gefahren der Bildgeschichten für die Intelligenz des Kindes. Einige unerschrockene Rebellen, darunter auch ich, fragten keck und ganz im 68er Sinne nach einer Begründung für diese Sichtweise. Da faselt er doch tatsächlich davon, daß das reine Lesen der Sprechblasen ohne gleichzeitige Betrachtung der Bilder ein Verstehen des Inhalts unmöglich mache - eine lächerliche Argumentation. Damit könnte man auch gegen klassische Theaterstücke vorgehen, die ja auch vom Zusammenwirken von Darstellung und Gesprochenem, wenn auch nicht in Sprechblasen, leben. Als er dann zur Veranschaulichung aus dem Heft vorlas und merkte, daß man anhand des Textes sehr wohl der Storyline folgen konnte, verlegte er sich auf die angeblich miese Qualität der Sprache, beispielhaft zitierte er den unvollständigen Satz "Wenn Ihr nicht gekommen wäret..." - in seiner Hilflosigkeit fing er dann selber an zu stammeln. Unser Deutschlehrer prophezeite den bekennenden Comic-Lesern gar ein stetiges Absinken ihrer schulischen Leistungen.

So war das damals.

Tja, mehr kann ich über meinen Kontakt zu Ulla und Peter leider nicht berichten. Meiner Tante hab ich's nicht übelgenommen, was wissen Tanten schon über die wahren Freuden des Lebens! Und meine Cousins waren längst auf der Jagd nach Mädels, die dachten gar nicht mehr an ihre Abenteuer im Bilderland.

Zum Abschluß lege ich Wert auf die Feststellung, daß meine Sammlung bis auf das oben erwähnte Felix-Heft noch erhalten ist. Und bleibt!

© für den Text Norbert May, redaktionell bearbeitet von Manfred Härtel

Letzte Aenderung: 20.06.2018, 14:20 Uhr

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