Die Grenzen des Wachstums

Es gibt ja das Wachstumsgesetz, die grundlegende Regel dazu kennt jeder:

Bäume wachsen nicht in den Himmel

Jedes Wachstum nähert sich einer Grenze, die nicht überschritten werden kann. Das gilt natürlich auch im Schießsport, da ist diese Grenze durch die festgelegte Ringzahl klar definiert, selbstverständlich kann man die Regeln ändern, aber nicht die Gesetze des Wachstums.
Es folgt einer e-Funktion.

Zur Motivation gehört Ehrgeiz und jeder Schütze möchte natürlich seine Ergebnisse verbessern. Ist das zum richtigen Zeitpunkt gemacht, winkt der Lorbeerkranz bei den Olympischen Spielen oder zig-Tausende Euro als Preisgeld.
Wer da ein wenig Ironie raushört/rausliest, liegt so falsch nicht. Aber jetzt etwas ernsthafter:

Ich habe hier zwei Schützen gegenübergestellt, die über einen längeren Zeitraum geschossen und ihre Ergebnisse sorgfältig dokumentiert haben. Natürlich sind nur die Ergebnisse berücksichtigt, die unter vernünftigen Bedingungen geschossen wurden, und selbstverständlich sind es Beispiele. Es sind keine tatsächlichen Ergebnisse. Sie sollen das Problem darstellen, wenn man sich ernsthaft mit dem Training, der Auswertung von Ergebnissen, Training und Motivationshilfen beschäftigt.

Hier also die Annahmen für zwei Schützen. Dabei gehe ich davon aus, dass sie ihre Ausbildung komplett hinter sich haben, und ihre Ausrüstung einwandfrei in Ordnung ist. Als Grundlage dient ein Durchgang á 36 Pfeile auf 70m. Sie starten mit der gesicherten Leistung von 150 Ringen, nach den festgelegten Zeiten wird ihre Leistung erneut festgestellt. Wie kann ihre Leistungssteigerung und ihre weitere Leistungsprognose untersucht werden? Die geschossenen Ringzahlen sollen ihre besten Ergebnisse nach der verstrichenen Zeit sein. Die folgende Tabelle zeigt die Werte.

Zeitraum [Jahr] 0 (Start) 0,5 1,0 1,8
Schütze 1 150 230 270 330
Schütze 2 150 200 250 300
Beispielsweise erreicht der Schütze 1 ein halbes Jahr nach seinem Leistungstraining ein Ringzahl von 230, und nach 1,8 Jahren gleichmäßig gutem eine Ringzahl von 330.

Als Grundlage wurde die Funktion genommen, die für Wachstum mit einer Sättigungsgrenze gilt:

R(t)->S-M(0)*e-k*t

Dabei ist R(t) die geschossene Ringzahl bei der Zeit t, S die Sättigungsgrenze (in diesem Fall 360 Ringe) und M(0) das Sättigungsmanko also Sättigungswert- Startwert, bei beiden Schützen ist dieser Wert 210.
Die geschossenen Werte wurden mit Mathematica, Wolfram Research zu folgenden Funktionen verarbeitet:
Schütze 1:
und
Schütze 2

Stellt man die Auswertung grafisch dar, ergeben sich folgende Bilder.



das ist der Leistungsverlauf bei Schütze 1. Die roten Punkte sind die Werte, nach denen die Fit-Funktion erstellt wurde.

Das zweite Bild zeigt das Ergebnis des Schützen 2:

alles schön und gut... oder auch nicht. Aber interessanter ist doch die Frage, welche Ringzahl kann Schütze 1 und Schütze 2 nach -sagen wir mal- 4 Jahren erreichen, wenn sie genauso weiter trainieren wie bisher?

Schütze 1 kann 353 Ringe erreichen, Schütze 2 322.

Die Gerade links zeigt die sog. Zeitkontante an, in der Regelungstechnik spielt sie eine sehr wichtige Rolle, denn sie bestimmt wie lange ein Regelkreis braucht, um die geforderte Regelgröße einzustellen und nicht nur dumm herumzuschwingen. Man sieht sehr deutlich, dass diese Gerade beim Schützen 1 deutlich steiler steigt als die des Schützen 2. Sie gibt praktisch die Steigung an, unter der die Wachstumskurve startet. Und genau diese Steigung bestimmt auch die Ergebnisse, die in Zukunft geschossen werden.

Turnierergebnisse eines Leistungsschützen

Hier habe ich eine sehr wertvolle Datei eines Leistungsschützen bekommen. Sie erstreckt sich über mehr als 30 Jahre, der Schütze schoss auf seinem ersten FITA Turnier 770 Ringe, nach 8 Jahren war er über dem 1200ter Bereich und schoß seinen 1200ter Stern mit 1252

Hier eine grafische Darstellung seiner Ergebnisse:

Auswerten ließ sich nur der vordere Teil. Auch hier zeigt sich meiner Meinung nach, dass letztendlich der Erfolg direkt beim Start gelegt wird.

Hier die Wachstumskurve der ersten acht Jahre:

An der Stelle möchte ich Herrn Bernd Kolmanz danken. Ich stand heftig auf dem Schlauch, der Gedankenaustausch mit ihm half mir auf die Sprünge.

Herzlichen Dank für die Zusammenarbeit!

Resümee

Tja, dieser steinige Weg hat keine Abkürzung... Ergeiz muß durch viel Arbeit unterstützt werden, wenn man vorne mitspielen will. Die Frage ist nur, ob es sich wirklich lohnt. Diese Steigung der Zeitkonstantengeraden wird ja mit Sicherheit bei Schützen mit idealen anthropometrischen Maßen immer steiler sein als bei nicht so idealen Körperverhältnissen. Und diesen Vorteil aufzuholen, wird noch mehr Arbeit kosten. Das heißt, sich Spitzenschützen als Vorbild nehmen, muß nicht zielführend sein. Vielleicht ist es viel besser, sich die Freude am Fernhintreffen nicht nehmen zu lassen. Dazu sollten die zwei folgenden Bilder animieren
Entschlossenheit
Freude

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