Sehnenstand und die vorgetäuschte Genauigkeit

Da gibt es im Bogensportforum eine abgedrehte Diskussion, wie groß die Standhöhe bei einem bestimmten Bogen sein soll. Was denken sich eigentlich User dabei, wenn sie Angaben auf den Millimeter genau machen? Denken sie überhaupt? Das ist die große Frage.
Man kann jetzt sagen OK, die sagen, was sie von Fachleuten, Trainern gehört haben. Dann stelle ich die Frage:
Was denken sich diese sog. Fachleute oder zertifizierten Trainer, wenn sie solche Empfehlungen, ach was... Forderungen aufstellen?
Worauf basiert so eine Forderung? Hat das mal jemand überprüft? Hat jemand in praktischen, nachvollziehbaren Versuchen Vergleichswerte ermittelt?
Ich habe keine belastbaren Angaben gefunden. Nur unüberprüfbare Behauptungen. Geschwätz über den "Klang" des Bogens beim Schuß und ähnlichen Unsinn.
Ich erstelle die Kraft-Wegdiagramme, nach denen ich Bogen beurteile, mit einer Genauigkeit von ±1mm und kalibrierten Gewichten. Diese Genauigkeit ist mit normalen Meßmitteln und sorgfältiger Arbeit einzuhalten und grundsätzlich die Basis für die Zuverlässigkeit der Polynomfunktionen, die die Grundlage für die Differentialgleichungen bilden.

Bereits hier, seit 2002 stehen belastbare Berechnungen auf meiner Website, bei denen auch der Einfluss der Standhöhe beschrieben ist. Schon bei diesen ersten Untersuchungen zeigte es sich, dass der Einfluss der Standhöhe marginal ist, denn niemand wird mit seiner Waffe so unsorgfältig umgehen, dass er ein Δ von 20mm zuläßt. Bei einer Änderung der Anfangsgeschwindigkeit des Pfeiles von 0,05m/s
das entspricht einer Änderung der Standhöhe um 5mm, (v0=60m/s, mPfeil=0,020kg, dPfeil=0,0055m ) wird sich die Visierhöhe bei 70m um 0,15mm ändern. Deshalb werde ich da keine Arbeit mehr reinstecken.

Zusätzlich habe ich an einem modernen Bogen

die Rechnung der Abstimmung untersucht, ob sich durch die Sehnenstandsänderung von 10mm deutliche Einflüsse zeigen.

hier die Skizze des Auszugsdiagrammes:

Bei der Rechnung der Abstimmung blieb alles gleich. Außer der veränderten Auszugskurve. Gerechnet wurde ein um 10mm verkürzter Sehnenstand. Hier die beiden wichtigsten Diagramme, die den Einfluss zeigen sollen. Er ist so marginal, dass er im Diagramm nicht wirklich zu sehen ist.

Hier die Abstimmung der Standardeinstellung:

Und hier die Abstimmung mit dem reduzierten Sehnenstand:

To whom it may concern, hier die Polynome, die sich aus dem Meßdaten und der Rechnung ergeben.
Standardeinstellung:
f(weg) → -0.18814364834408367 + 1.192126423943535*weg - 1.8344224388097121*weg2 + 1.4449947232283187*weg3 - 0.4183872170127242*weg4

Und das Polynom der geänderten Sehnenstandshöhe:
f(weg) → -0.18103417335923555 + 1.186587531683971*weg - 1.8344224388097126*weg2 + 1.4449947232283187*weg3 - 0.4183872170127242*weg4

07. Jan.2017: Polynome genau angegeben. Die ursprünglich hier stehenden, aufgerundeten Werte gaben zu starke Abweichungen, wenn man tatsächlich nachrechnete.

Es ist Fakt, dass sich die Kennlinien der Biegefeder Wurfarm in dem Wendepunkt degressive Steigung/progressive Steigung alle schneiden. Dieser Wendepunkt und der Punkt, bei dem F=0 ist (also der Sehnenstand) bilden die Grundlage der Rechnung der Polynome der Kennlinie mit geändertem Sehnenstand. Diesen Fakt haben wir (die damalige Gruppe von Waffeningenieuren und begeisterte Bogenschützen) selber experimentell festgestellt.
Hier ist ein 1977 erstelltes Diagramm zu sehen
Sehnenstandsänderung -4cm;-2cm; Standard;+2cm;+4cm

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