Walk Back Tests, sog "Pfeilflugoptimierung"

Im Magazin "Faszination Bogen" Ausgabe 2/2017 findet sich ein Artikel "Pfeilflugoptimierung im Bogentuning". Er animierte mich, doch mal tatsächlich die Walk Back Teste genauer zu untersuchen. Um was geht es da eigentlich?
Das erste dürfte die Abstimmung des Systems Pfeil-Bogen sein, das heißt die Herstellung der störungsfreien Beschleunigung des Pfeiles im Bogen. Dazu stehen seit Jahrhunderten bewährte Verfahren zur Verfügung, die von mir immer noch benutzt werden, um rechnerunterstütze Auslegungen am Ende zu überprüfen. Wer sich nur auf diese Trial and Error Verfahren verläßt, wird viel Geduld und auch Geld aufwenden müssen, um wirklich das passende System zu finden. Diese Aussage ist umso wichtiger, da heute vermehrt Wurfarmauslegungen in Gebrauch kommen, bei denen die -einigermaßen- bewährten Hilfstabellen nicht mehr vollständig anwendbar sind. Aber das innenballistische Problem ist lösbar.

Schwieriger wird es, wenn tatsächlich eine Geschwindigkeits- oder eine Treffbildoptimierung durchgeführt werden soll. Das erste wird einen hohen Aufwand erfordern, auch mit ausgefeilten Programmen sind da nur über
-zig Rechnerläufe alle Einflüsse erfassbar. Das System Trial and Error wird halt vom Rechner deutlich schneller und kostengünstiger als durch reale Teste durchgeführt.

Treffbildoptimierungen sind nur und nur durch systematischen Beschuß und sorgfältige statistische Auswertung möglich. Hier ist der Einfluss der Qualität des Schaftmaterials ausschlaggebend und nur darüber ist eine Treffbildoptimierung möglich.

Als der Berger-Button (BB) aufkam, wurden über die Anwendung (Vorstand und Federhärte) die tollsten Verfahren angepriesen. Die bekanntesten sind der Gabriel- und der Bergertest. Wir haben uns schon vor knapp 40 Jahren darüber amüsiert, schon damals war klar, dass dieses Mittel keinen Einfluss auf die Abstimmung hatte. Über den Vorstand und die Federsteife kann man die seitliche Lage des Treffbildes steuern, und das war's auch schon. Das ist für Blankbogenschützen interessant, der Recurveschütze macht das viel komfortabler mit dem Visier.

Also, was soll dieser Artikel? Mich machte die Abb 1 auf Seite 11 stutzig. Das sollte ein Walk Back Beschuß von 6m Schußentfernung bis 30m darstellen? Wirklich?

Ich habe den Test durch den Rechner ausführen lassen. Das Visier wurde so eingestellt, dass auf 18m die Parallaxe (angenommen 10cm) ausgeglichen wurde. Das kann man an der Flugbahnkurve gut erkennen


Bild 1

Kuhr hat verschiedene Möglichkeiten skizziert, wie das Ergebnis des Bergertestes aussehen könnte und entsprechend kommentiert, was man an der Einstellung des Buttons ändern muß. Hier ein Bild als Beispiel, wie er die Ergebnisse zusammenfasst.


Bild 2

Die Bedingung ist ja, dass das Visier auf 18 m eingestellt wird. Wieso liegt bei ihm der 18m Treffer nicht exakt im Zielpunkt? Das fällt sofort auf. Aber das Treffbild sieht sowieso ganz anders aus:


Bild 3

Zusätzlich ist im Bild die Zehn der 18m Auflage an den wichtigen Stellen eingezeichnet. Ich bezweifel, dass selbst ein Spitzenschütze diese seitlichen Unterschiede bemerkt hätte... Er hätte noch nicht mal die Höhenunterschiede, die sich auf Grund der Parallaxe bei den Entfernungen 9, 12 und 15m ergeben, wirklich wahrgenommen. Da ist nichts "Gewölbtes" zu sehen. Das "Gewölbte" kann noch nicht mal hineininterpretiert werden.
Da ist auch nichts zu sehen, was hinsichtlich des Pfeilfluges bemerkenswert ist. Die Darstellung von Kuhr ist falsch, sie berücksichtigt nicht die tatsächlichen Einschlagorte und die stark unterschiedlichen Höhen bei den unterschiedlichen Entfernungen lassen auch Zweifel an der Richtigkeit des angeblich tatsächlich erschossenen Bergertestes auf Seite 11 Abb 1 in "Faszination Bogen 2/2017" aufkommen. Jemand, der so präzise bei Entfernungen zwischen 6 und 30m seitlich platziert, hätte mit Sicherheit auch in der Höhe so präzise geschossen, dass die sich tatsächlich ergebenden Höhenunterschiede sichtbar werden.
Es ist unangenehm, wenn beim Lesen einer Fachzeitschrift das Gefühl von "Fake News" aufkommt.
Es ist auch sofort zu sehen, dass aus den Werten die sich aus Bild 3 ergeben, keinerlei Rückschlüsse auf Buttonvorstand und Federsteife des Buttons gezogen werden können.

Ich habe mir erlaubt, die Aufnahme auf Seite 11 Abb 1 in "Faszination Bogen 2/2017" zu bearbeiten und zumindest die Auftreffhöhen, die sich aus den o.a. Bedingungen ergeben, so darzustellen, wie sie sich außenballistisch ergeben. Die seitliche Lage der Pfeile ist dem Artikel von Kuhr, "gewölbte Trefferlage" nachempfunden. Dieses Treffbild müßte schon von einem Weltklasseschützen, der mit dem Recurve von 6m bis 30m einen absoluten Streukreis von 2cm Durchmesser schießt , generiert worden sein, um die "Wölbung" von der Kuhr spricht so wie auf dem bearbeiteten Bild dargestellt, zu zeigen. Selbst so wäre ein Schluß auf eine sog "Pfeiloptimierung" nicht möglich.


Bild 4

Das Verhalten des Systems Pfeil-Bogen während des Schusses (Innenballistik) kann durch einen Walk Back Test nicht untersucht werden. Beeinflussung durch Innenballistik und außenballistische Einflüsse (Zwischenballistik) wird nur in einem Bereich von ca 10m erfolgen. Eine Untersuchung bis 18m macht noch Sinn, da man davon ausgehen kann, dass die Auswirkung etwas verstärkt sichtbarer wird. Untersuchungen auf weitere Entfernungen sind, soweit es um die Abstimmung geht, sinnlos.

Zur Optimierung des Treffbildes (hier könnte ein Einfluss von Buttonvorstand/Federsteife denkbar sein) schlägt Kuhr vor, das uralt-primitive Werkzeug des Messens des Umfanges des Treffbildes mit einem Schneidermaß vor. Das ist veraltet (es machte Sinn im Vor EDV Zeitalter, wo das Rechnen von statistischen Größen sehr zeitaufwendig war) Heute gibt es Anwendungen für kleines Geld, wer geschickt ist, baut sich so etwas selber und rechnet mittl. Treffpunkt, Standardabweichung, 50%-Streuung. Das braucht er nur für eine Entfernung zu machen, es gibt keinen Grund, das für mehrere Entfernungen zu untersuchen, weshalb sollte sich da etwas grundlegend ändern?

Ziemlich lächerlich sind seine Empfehlungen, wie aus einem Pfeilsatz die bestmöglichen herausgesucht werden können. Das Drehen der Nocken ist vollkommen nutzlos. Nur die Pfeile zu nehmen, die im Zentrum stecken ist genauso falsch. Beim nächsten Test sieht es nämlich wieder anders aus. Das Statistikteufelchen ist ein Eichhörnchen...
Der einzige technisch richtige Weg ist festzustellen, welche Pfeile häufiger als andere die 50% Streuellipse verlassen. Dass Kuhr nicht ein Wort über die statistischen Zusammenhänge verschwendet, läßt tiefer blicken, als ihm lieb sein kann... Kuhr hat schon in Fazination Bogen 4/2016 und 1/2017 einen schlechten Eindruck hinterlassen. Ingesamt bin ich von dem Magazin enttäuscht.

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